Marcellusflut 1219

Die erste historisch belegte Sturmflut an der deutschen Nordseeküste ist die Marcellusflut 1219

Marcellusflut 1219 | SymbolfotoSeit Jahrhunderten schon versetzten die immer wiederkehrenden Sturmfluten der Nordsee, besonders im Frühjahr und im Herbst, die Küstenbewohner  in Angst und Schrecken. Die ›Marcellusflut‹ des Jahres 1219 war eine dieser gefürchteten Katatrophen, die am 16. Januar jenen Jahres zu verheerenden Verwüstungen geführt und – wenn man den Zahlen der Chronisten folgt – etwa 36000 Menschen das Leben gekostet hat.

Der  Terminus ›Marcellusflut‹ steht für zwei folgenschwere Sturmfluten an der Nordsee, die 143 Jahre auseinanderliegen. Da sich beide Sturmfluten an einem 16. Januar, dem Gedenktag des Heiligen Marcellus I., ereigneten, erhielten sie jeweils seinen Namen. Im Mittelalter war es durchaus üblich, Sturmfluten nach dem jeweiligen Namen des Tagesheiligen zu benennen. Die ›Marcellusflut 1219‹, auch als ›Erste Marcellusflut‹ bezeichnet, ereignete sich 55 Jahre nach der Julianenflut von 1164, der ersten jemals historisch belegten Sturmflut der deutschen Nordseeküste.

Sie traf besonders auf Westfriesland, der nördlichen Region der niederländischen Provinz Nordholland, die im Frühmittelalter noch von Friesen bewohnt war. Betroffen war aber auch die Westküste Schleswig-Holsteins. Allein in dieser Region kamen etwa 10.000 Menschen ums Leben. Insgesamt schwanken die Opferzahlen zwischen 36.000 und 50.000. Von einem damaligen Augenzeugen, dem Abt Emo, wurde die erste Marcellusflut zunächst naturphilosophisch erklärt, dann aber vom ihm als eine Art ›Sintflut‹ gedeutet, welche die reichen Marschbauern treffen sollte, da diese nicht an die Armen gedacht hätten.

Die zweite Marcellusflut, auch als ›Grote Mandränke‹ (Großes Ertrinken) bezeichnet, war am 16. Januar 1362. Es kommt zu einer grundlegenden Änderung des Küstenverlaufs. Der Chronist Anton Heimreich berichtet in seiner ›Nordfriesischen Chronik‹ von 1666, die als die älteste Chronik Nordfrieslands gilt, von 21 gebrochenen Deichen. Die Opferzahlen schwanken – je nach Quellenüberlieferung des Chronisten – zwischen 10.000 und 100.000. Während dieser zweiten Sturmflut versank die sagenumwobene, reiche und als gotteslästerlich geltende Siedlung Rungholt.

© Fotografie | Dieter Johannsen

Literaturverzeichnis

Abbildung:

  • © Fotografie | Dieter Johannsen – Titel: Stürmische Nordsee im Bereich ›Schlüttsieler Hafen‹ | Symbolfoto