Gezeiten

Entstehung von Gezeiten, ›Tiden‹ oder ›Ebbe und Flut‹

GezeitenMeere und Ozeane auf allen Kontinenten unterliegen dem steten Wechsel der Höhe des Wasserstandes. Auflaufendes Wasser bedeutet Hochwasser, ablaufendes Wasser dagegen Niedrigwasser. Das rhythmische Auf und Ab – Ebbe und Flut beziehungsweise Gezeiten oder Tiden – bestimmen wesentlich das Leben der Küstenbewohner und mehr noch das der Tiere und Pflanzen im Watt (Kölmel, 2016). Etwa 30% des 4410 km² großen Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, das sich von der deutsch-dänischen Seegrenze im Norden bis hin zur Elbmündung im Süden erstreckt, werden infolge der Gezeiten periodisch freigelegt, 68% liegen dagegen ständig unter Wasser (Meier, 2010). Die Differenz des Wasserstandes bei Hochwasser (dem Scheitelpegel einer Flut) und Niedrigwasser wird Tidenhub genannt. Die Höhen des Tidenhubs beziehungsweise die Höhendifferenzen sind abhängig vom gemessenen Pegelstandort, aber auch von der Stellung des Mondes. Besonders hoch ist der Tidenhub etwa bei Vollmond und Neumond, da sich die Gravitationskräfte der jeweiligen Planeten addieren. Da die Planeten Sonne, Erde und Mond auf einer Achse liegen, entsteht eine Springtide. Im Unterschied zur normalen Tide kommt es zu einem sogenannten Sprung. Der Tidenhub fällt besonders hoch aus (Küster, 2015). Besonders niedrig fällt der Tidenhub aus, wenn die gezeitenerzeugenden Kräfte, wie etwa im Fall einer Nipptide, sich gegenseitig behindern. Dies ist der Fall, wenn von der Erde aus betrachtet, Sonne und Mond im rechten Winkel zur Erde stehen.

Wenn an bestimmten Orten der Nordsee während einer bestimmten Zeitspanne Niedrigwasser geführt oder das Watt ganz freigelegt wird und in der darauffolgenden Zeitspanne zulaufendes Wasser das Wattenmeer wieder ansteigen lässt, so ist dies auf physikalische Naturgesetze des Planetensystems Sonne, Mond und Erde zurückzuführen. Eine zentrale Rolle spielen die gegenseitigen Anziehungskräfte des Planetenpaares Erde-Mond. Dies bedeutet, je größer die Masse eines Planeten ist, umso größer ist desssen Anziehungskraft (Gravitationskraft). Andererseits verringert sich die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern, je weiter sie voneinander entfernt sind. Je mehr Masse ein Himmelkörper hat, umso stärker ist demzufolge auch seine Anziehungskraft. Die Anziehungskraft wird auch Gravitationskraft genannt. Vergleicht man die Volumina von Erde und Mond, so beträgt das Volumen des Mondes lediglich 2% gegenüber dem des Erdvolumens. Aufgrund der Größenunterschiede ist die Anziehungskraft auf der dem Mond zugewandten Erdseite in Richtung Mond größer als auf der dem Mond abgewandten Erdseite. Der Abstand zwischen Erde und Mond nimmt ab; es kommt in der Folge zu einer ellipsenartigen Verformung der Erde. Da dies sowohl für feste als auch flüssige Materie zutrifft, lässt sich die Wirkung der Gravitation am deutlichsten an den Meeren erkennen (BSH, 2019).

Auf der anderen Seite wirken die Fliehkräfte. Je schneller eine Masse rotiert, sich also dreht, umso größer ist deren Zentrifugalkraft oder auch Fliehkraft. Das Planetensystem Erde-Mond rotieren um einen gemeinsemen Schwerpunkt, der noch innerhalb der Erde liegt, aber noch ca. 4700 km vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Diese gemeinsamen Rotationen erzeugen nach außen gerichtete Fliehkräfte (Zentrifugalkräfte), die auch auf der dem Mond gegenüberliegende Seite der Erde wirken. Auf der mondnahen Seite der Erde wirken die Anziehungkräfte (Gravitation) des Mondes, die hier größer sind als die Fliehkräfte der Erde. Die Differenz zwischen Zentrifugalkräften der gleichzeitig um sich selbst drehenden Erde und die Gravitationskräfte des Mondes sorgen für die Entstehung der Gezeiten (Kölmel, 2016). Die Dauer einer einzelnen Tidewelle (bestehend aus Ebbe und Flut) beträgt 12 Stunden, 25 Minuten und 53 Sekunden.

© Fotografie | Dieter Johannsen

Abbildung

  • © Herbert Bolz, CC BY 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/4.0>, via Wikimedia Commons
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Literaturverzeichnis